In dieser Plenarwoche in Straßburg wird das Europäische Parlament insbesondere zu dem tatsächlich schon seit einem Jahr herrschenden Angriffskrieg gegen die Ukraine sprechen. Zudem wird zu den CO2-Emissionsnormen für Pkw und Lieferwagen, zum Industrieplan und der Wettbewerbsfähigkeit sowie zu den EU-Geldern für Kailigate-NGOs debattieren.
Ein Jahr nach Russlands Invasion und Angriffskrieg gegen die Ukraine
Am 24. Februar jährt sich der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zum ersten Mal. Es ist ein unfassbar trauriges Jubiläum, das unermessliches Leid über Männer, Frauen und Kinder in der Ukraine gebracht hat. Dass mitten in Europa über 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder Bomben fallen, macht noch immer wütend und fassungslos. Tausende unschuldige Zivilisten sind in den vergangenen 365 Tagen durch Putins Schergen ums Leben gekommen.
Die genauen Opferzahlen sind unbekannt. 13,7 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben nach Angaben des UNHCR seit Februar ihr Land verlassen, 6,4 sind in der Zwischenzeit wieder in die Ukraine zurückgekehrt. Die Nato- und EU-Staaten beschlossen umfangreiche Sanktionen gegen Russland. Die Ukraine erhält humanitäre Hilfslieferungen.Wir werden uns niemals damit abfinden und stehen so lange an der Seite der Ukraine, wie es nötig ist, um dem Land zum Sieg zu verhelfen.
Europa muss die Ukraine weiterhin mit Waffen und anderem Gerät unterstützen. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die mutigen Ukrainerinnen und Ukrainer nicht nur um ihr eigenes Überleben kämpfen, sondern auch unseren europäischen Lebensstil verteidigen. Verlieren sie diesen Kampf, verliert auch die Freiheit, auf der Europa fußt. Umso wichtiger ist der Kandidatenstatus für das Land. Er macht den Ukrainern in diesen schweren Stunden Mut und gibt ihnen die Hoffnung auf eine Zukunft in Frieden und Freiheit. Als Europäisches Parlament ermuntern wir Rat und EU-Kommission, auf einen Verhandlungsbeginn hinzuarbeiten, bevor die EU im nächsten Kalenderjahr mit den Europawahlen und den Vorbereitungen auf eine erneuerte Europäische Kommission stärker mit sich selbst beschäftigt sein wird.
CO2-Emissionsnormen für Pkw und Lieferwagen
Als CDU/CSU stehen wir fest zum Prinzip der Technologieneutralität. Wir halten eine faire, wissenschaftliche Betrachtung sowie den Wettbewerb um die besten Ideen für den richtigen Weg, um der Herausforderung des Klimawandels zu begegnen. Es ist die Aufgabe der Politik, den Rahmen in Form von ambitionierten CO2-Reduktionszielen zu setzen und nicht starr eine Technologie wie den Elektromotor vorzuschreiben. Die Ausgestaltung und Umsetzung europäischer CO2-Ziele sollte den Herstellern und auch den Kunden überlassen werden. Aus diesem Grund werden wir in dieser Plenarwoche gegen das Verbot von Verbrennungsmotoren stimmen.
Inmitten mehrfacher Krisen und einem beginnenden Wettlauf um die besten sauberen Technologien mit den USA und China, müssen wir der europäischen Industrie die notwendige Entscheidungs- und Innovationsfreiheit lassen. Nur so wird die erfolgreiche Transformation hin zu einem grünen und gleichzeitig wettbewerbsfähigen Industriestandort Europa bis 2050 zu schaffen sein. Eine einseitige Wette auf die reine Elektromobilität gefährdet hingegen allein in Deutschland über 600.000 Arbeitsplätze, die am Verbrennungsmotor hängen.
Der von der Ampel-Regierung gefeierte Erfolg, dass die Europäische Kommission außerhalb des Systems der Flottengrenzwerte einen Vorschlag für klimaneutrale Kraftstoffe unterbreiten soll, ist reine Augenwischerei. Selbst wenn die EU-Kommission einen solchen Vorschlag vorlegen sollte, wozu sie rechtlich nicht verpflichtet ist, kann der sich nur auf Sonderfahrzeuge wie zum Beispiel Krankenwagen beziehen. Wir wollen den Industriestandort Europa stärken – das Verbrenner-Aus wird ihn jedoch empfindlich schwächen.
Ende letzten Jahres haben sich Vertreter von Rat, Kommission und Europäischen Parlament auf neue CO2-Reduktionsziele für PKW und Lieferwagen geeinigt. Diese Einigung sieht vor, dass PKW bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent senken müssen, Lieferwagen um 50 Prozent. Bis 2035 gelten für PKW und Transporter Reduktionsziele von 100 Prozent. Damit ist das Aus des Verbrennungsmotors besiegelt. Die EVP hatte sich in den Verhandlungen für Reduktionsziel von 90 Prozent bis 2035 eingesetzt, um die Technologieoffenheit zu wahren. Dafür gab es jedoch keine Mehrheit. Am 14. Februar wird das Plenum über das Trilog-Ergebnis debattieren und abstimmen.
Industrieplan und Wettbewerbsfähigkeit
Dass sich die EU-Kommission nach langer Zeit endlich wieder mit der industriellen Wettbewerbsfähigkeit befasst, ist auch ein Erfolg der CDU/CSU-Gruppe. Schon immer ist dies eines unserer Kernthemen. Dennoch ist die aktuelle Debatte auch das Eingeständnis Europas, dass der regulatorische Ansatz des europäischen Green Deals bei der Förderung innovativer grüner Technologien an Grenzen stößt, wenn andere einen anderen Weg wählen, wie nun die Vereinigten Staaten mit ihrem Subventionsprogramm „Inflation Reduction Act“.
Als Antwort auf das amerikanische Subventionsprogramm „Inflation Reduction Act“ hat die EU-Kommission zuletzt ihren „Green Deal Industrial Plan“ vorgelegt, mit dem die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gestärkt werden soll.
Europa darf jetzt nicht den Fehler machen, die amerikanischen Subventionen mit europäischen Subventionen zu bekämpfen. Wettbewerbsfähigkeit kann man sich nur bedingt kaufen, und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit behebt man primär nicht durch noch mehr Geld, sondern durch die richtigen Rahmenbedingungen oder die Erschließung neuer Märkte, beispielsweise durch neue Handelsabkommen. Hier muss Europa ansetzen anstatt ständig neue Entschuldigungen für die Forderung nach neuen Schuldenfonds zu finden. Europa könnte viel mehr machen, wenn es die eigenen Probleme anpackt, anstatt jedes Mal neue Geldtöpfe herbei zu diskutieren.
Das Parlament debattiert die Pläne und verabschiedet im Anschluss eine Resolution zur Wettbewerbsfähigkeit der EU.
EU-Gelder für Kailigate-NGOs
Der Korruptionsskandal rund um die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament zieht weitere Kreise. Mittlerweile stellte sich heraus, dass eine der mutmaßlich am Korruptionsskandal beteiligten Nichtregierungsorganisation (NGO) zwischen 2015 und 2022 fast vier Millionen Euro EU-Mittel im Rahmen von vier Verträgen mit der EU-Kommission erhalten hat. Bei der EU-Kommission kann erstaunlicherweise bislang jedoch niemand sagen kann, was mit dem Geld passiert ist.
Es ist ein Skandal, dass es keine Beleg- und Berichterstattungspflichten für Mittel gibt, die NGOs von der EU-Kommission und ihren Agenturen bekommen. Die EU-Kommission muss schleunigst aufklären, was mit dem Geld passiert ist. Für die Zukunft brauchen wir klare Transparenzregeln für Nichtregierungsorganisationen. Empfangene EU-Mittel müssen rückverfolgbar sein, vom direkten Empfänger bis zum letzten Begünstigten. Wenn NGOs andere NGOs finanzieren, müssen Geldgeber offengelegt werden. Und wir fordern auch, dass die Organisation von NGOs demokratischen Prinzipien genügen muss. Zu oft sind die Strukturen undurchsichtig.
Zum Hintergrund ist zu sagen, dass laut Medienberichten die NGO „No Peace Without Justice“, deren Generalsekretär einer der vier Hauptverdächtigen des Korruptionsskandals ist, zwischen 2015 und 2022 fast vier Millionen Euro aus EU-Mitteln von der EU-Kommission erhalten hat. „No Peace Without Justice“ sitzt im gleichen Gebäude wie die Organisation des Hauptbeschuldigten, dem ehemaligen sozialdemokratischen Abgeordneten Pier Antonio Panzeri, die dieser mutmaßlich ausschließlich als Geldwäschevehikel für seine korrupten Praktiken nutzte. Belege wofür die 4 Millionen Euro verwendet wurde, fehlen bislang. Das Europäische Parlament debattiert nun die Konsequenzen.