Diese Woche beraten wir im Europäischen Parlament den kommenden EU-Gipfel, die Grenzöffnungen im Schengen-Raum und die Verhandlungen zu einem Abkommen der EU mit Großbritannien.
Vorbereitung EU-Gipfel
Die EU-Kommission hat ein Wiederaufbauprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro vorgeschlagen, mit welchem die Folgen der Corona-Krise abgefedert werden sollen. Davon sollen 500 Milliarden Euro als nicht rückzahlbare Zuwendungen und 250 Milliarden Euro als Kredite fließen. Dafür sollen im Namen der Europäischen Union über Anleihen Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen und über Jahrzehnte gemeinsam getilgt werden. Das Programm soll zusätzlich zum nächsten siebenjährigen EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 aufgelegt werden.
Bei diesem Wiederaufbaufonds ist es für uns als CDU/CSU-Gruppe entscheidend, dass die Gelder nicht einfach in die nationalen Haushalte fließen, sondern für nachhaltige Investitionen verwendet werden. Priorität muss dabei die Überwindung der Folgen der Corona-Krise haben und nicht die Finanzierung der teilweise schon länger vorhandenen strukturellen Defizite in einigen Mitgliedstaaten. Wir erwarten als Europäisches Parlament, hier vollständig eingebunden zu werden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen schon jetzt ein überzeugendes Konzept für die Rückzahlung erarbeiten und dürfen diese Herausforderung nicht erst auf das Jahr 2028 schieben.
Unabhängig davon schlägt die Kommission für den anstehenden EU-Finanzrahmen einen Umfang von 1,1 Billionen Euro vor.
Hier sind wir der Auffassung, dass dieser Mehrjahreshaushalt (2021-2027) bei Forschungszusammenarbeit, Bildungsaustausch, Außengrenzschutz und Verteidigung starke Akzente setzen muss. Wir brauchen in ganz Europa eine besser koordinierte Forschung und Entwicklung in fast allen Bereichen der Wissenschaft sowie Investitionen in Zukunftstechnologien und Infrastruktur, wie ein europäisches 5G-Netz, Cloud-Systeme für Industriedaten, Robotik, KI und die Digitalisierung unseres Mittelstandes. Wir wollen zudem die Ausgestaltung des so genannten „European Green Deals“ zu einer Zukunftsinvestitionsoffensive.
Grenzöffnungen im Schengen-Raum
Die EU-Innenminister sind übereingekommen, die Grenzkontrollen im Schengen-Raum nach Möglichkeit bis heute wiederaufzuheben. Die Beschränkungen für die Einreise in die EU für Personen aus Drittstaaten sollen ab 1. Juli ebenfalls schrittweise wieder aufgehoben werden. Die EU-Mitgliedstaaten werden eine Liste derjenigen Länder erstellen, für die das Einreiseverbot schon bald aufgehoben werden kann. Kriterien sollen die epidemiologische Lage sowie die Reaktion der Länder auf die Corona-Krise sein. Für die Westbalkanländer Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien soll der Einreisestopp auf jeden Fall bereits zum 1. Juli fallen.
Es ist nach unserer Auffassung als CDU/CSU-Gruppe richtig und wichtig, dass wir innerhalb Europas nun wieder zur normalen Reisefreizügigkeit zurückkehren können. Besonders in Grenzregionen leiden Arbeitnehmer und Unternehmen unter den oft langen Umwegen. Die Mitgliedstaaten müssen nun alles dafür tun, dass mögliche erneute Corona-Ausbrüche regional bekämpft werden und wir für diese Fälle keine neuen Grenzkontrollen brauchen. Hierzu sollten EU-Kommission und Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Kontaktnachverfolgung grenzüberschreitend funktioniert und auch die Corona-Apps der Mitgliedstaaten möglichst europaweit kompatibel sind. Die EU sollte dringend verhindern, dass das Virus aus Drittstaaten wieder eingeschleppt wird. Für die Einreise aus anderen Kontinenten muss die Entwicklung außerhalb Europas genau beobachtet werden.
Abkommen EU/Großbritannien
Am 31. Dezember 2020 läuft die Übergangsfrist ab, während der sich Großbritannien und Nordirland noch im EU-Binnenmarkt befinden, obwohl das Vereinigte Königreich zum 31. Januar 2020 die EU verlassen hat. Bis Ende Juni könnte Großbritannien eine Verlängerung der Übergangsfrist beantragen, was London bisher immer kategorisch ausgeschlossen hat. Spätestens im Oktober muss deshalb das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ausgehandelt sein, damit noch genügend Zeit für die Ratifizierung bleibt, die durch alle nationalen Parlamente sowie das Europäische Parlament erfolgen muss.
Die EU hat ein hohes Interesse an einer engen Partnerschaft. Sie wäre für die Menschen und die Wirtschaft die beste Lösung.
Allerdings müssen wir feststellen, dass es seit Beginn der Verhandlungen vor drei Monaten so gut wie keine Fortschritte gegeben hat. Die britische Seite bleibt bisher deutlich unterhalb der Ziele der politischen Erklärung des Austrittsabkommens. Vor allem bei den Themen Fischerei und faire Wettbewerbsbedingungen sowie bei Sozial- und Umweltstandards müssen wir zu einer Einigung kommen. Das gilt auch für Klimaschutz und Unternehmensbesteuerung. Die britische Regierung muss jetzt zeigen, dass sie wirklich ein Interesse an einem Abkommen hat. Wenn sie keine Verlängerung der Übergangsfrist beantragen will, was noch bis Monatsende möglich wäre, muss jetzt endlich mit Hochdruck verhandelt werden.